Mit dem vorliegenden Band möchten wir die Beiträge der 11. Tagung des Deutsch-Französischen Gesprächskreises für Öffentliches Recht der Fachöffentlichkeit zugänglich machen.
Der Deutsch-Französische Gesprächskreis für Öffentliches Recht ist ein Zusammenschluss von Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftlern aus Frankreich und Deutschland, die ein besonderes Interesse an der Entwicklung des Öffentlichen Rechts im jeweils anderen Land haben und ein besseres Verständnis der verschiedenen Problemsichten auf im Kern oftmals gemeinsame Fragen suchen. Hintergrund des Gesprächskreises ist die Erfahrung, dass trotz der geographischen Nähe, der engen geschichtlichen – auch rechtsgeschichtlichen – Verflechtung und intensiver freundschaftlicher politischer Beziehungen der Zugriff auf rechtliche Probleme oftmals von grundlegend verschiedenen Perspektiven, Lehren und Lösungsansätzen geprägt ist. Nur wenig berührt vom Zusammenwachsen Europas und einer zunehmenden Masse unionsrechtlich harmonisierter Rechtsmaterien, verbleibt der Fachdialog überwiegend in nationalen Diskursen und herrscht zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen nicht selten Kommunikationslosigkeit. Hieran hat sich, auch wenn das gegenseitige Interesse zuzunehmen scheint, doch noch nichts Grundlegendes geändert. Dem entgegenzuwirken hat sich der Deutsch-Französische Gesprächskreis zum Ziel gesetzt. Er greift auf seinen im Zweijahresturnus stattfindenden Tagungen aktuelle, aber zugleich grundlagenbezogene Themen zum Verfassungs-, Verwaltungs- und Europarecht auf und verhandelt diese auf der Grundlage von thematischen Parallelreferaten.
Die Beiträge des vorliegenden Bandes waren Gesprächsgrundlage der 11. Tagung des Deutsch-Französischen Gesprächskreises für Öffentliches Recht, die am 3. und 4. November 2023 in Toulouse stattfand. Übergreifendes Thema des Zusammentreffens waren „Migration und Integration“ auf nationaler und europäischer Ebene.
Die ersten beiden Beiträge von Emanuel Castellarin, Universität Straßburg/Luxemburg, und Angelika Nußberger, Universität Köln, widmen sich dem Schutz der Menschwürde von Asylbewerbern. Der Beitrag von Emanuel Castellarin untersucht die Wahrung der Menschenwürde von Asylbewerbern durch europäisches Recht und geht dabei insbesondere auf die Dublin-III-Verordnung ein. Der Beitrag von Angelika Nußberger zeigt Wertungswidersprüche und Dissonanzen in der deutschen Rechtsprechung auf.
Aus verfassungsrechtlicher Perspektive betrachten Christine Langenfeld, Universität Göttingen, und Maria Kordeva, Universität Straßburg und Saarbrücken, den Themenkomplex „Integration und Identität“. Beide Beiträge analysieren umfassend Fragen der Integration und Einbürgerung. Der Beitrag von Christine Langenfeld bearbeitet dabei insbesondere die deutschen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, die zugleich vom Einfluss des europäischen Rechts geprägt sind. Der Beitrag von Maria Kordeva beleuchtet mit kritischen Blick die französischen Vorstellungen von „Integration und Identität“ und zeigt deren Grenzen auf.
Anne Jacquemet-Gauché, Universität Clermont-Auvergne, und Nils Schaks, Universität Basel, gehen kontrastierenden Ansätzen im deutschen und französischen Verwaltungsrecht zur Integration und Ausgrenzung von Ausländern nach. Der Beitrag von Anne Jacquemet-Gauché analysiert die Voraussetzungen der Einschränkungen von Grundrechten und prozeduralen Rechten von „Ausländern“ im französischen Recht. Der Beitrag von Nils Schaks arbeitet insbesondere den Begriff der „Integration“ im deutschen Migrationsrecht auf. Beide Beiträge legen dabei die praktischen Hürden der Umsetzung des Rechts offen.
Die Beiträge sind die Frucht einer Tagung, die dank der großartigen Organisation unserer Kollegin Aurore Gaillet in Toulouse möglich gewesen wäre. Ihr ist ganz herzlich zu danken.
Besonderer Dank für redaktionelle Arbeiten gilt Jakob Wagner, Rebekka Hans, Franz Andreas und Niklas Simon. Sie haben die Beiträge zusammengetragen, durchgesehen und hinsichtlich der Zitierweise und der Formalia eigenständig vereinheitlicht. Dies ist eine große Leistung. Zu danken ist des Weiteren Philippe Cossalter und dessen Lehrstuhl für die Aufnahme der Beiträge in beiden Sprachen in die Revue générale du droit. Die Aussicht, auch künftig unsere Tagungsbeiträge hier veröffentlichen zu können ist ein großer Gewinn für den Kreis, die deren Zugänglichkeit erheblich verbessert.
Freiburg, Paris und Toulouse im Februar 2025
Johannes Masing Aurore Gaillet
Matthias Jestaedt David Capitant